Schutzkategorien & Überflutungsgefährdung

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Auf Grundlage der DWA-A 118, DWA-A 119 und verschiedener Starkregenleitfäden wurden Verfahren entwickelt, die eine schnelle und effiziente Gefahren- sowie Risikobewertung ermöglichen. Diese Verfahren integrieren bewährte Methoden zur Analyse und Bewertung von Überflutungsgefahren und unterstützen die Risikomanagementprozesse in der kommunalen Planung und Infrastrukturentwicklung. Durch die Anwendung dieser Standards können potenzielle Überflutungsereignisse aufgrund von Starkregenereignissen frühzeitig erkannt, bewertet und geeignete Schutzmaßnahmen abgeleitet werden.

DWA-A 118

Das Ziel des DWA-A 118 ist es, Bemessungsgrundlagen für die hydraulische Überflutungsvorsorge in der Siedlungsentwässerung bereitzustellen. Es gehört zur Regelwerkreihe der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) und richtet sich insbesondere an Ingenieure, Planer, Kommunen und Betreiber von Entwässerungssystemen.

Ziel der DWA-A 118 Das Hauptziel ist: Die einheitliche und zuverlässige Bemessung und Bewertung von Entwässerungssystemen unter Berücksichtigung von Regenereignissen, um Überflutungen zu vermeiden oder deren Auswirkungen zu minimieren. Dabei steht im Fokus:

  • die hydraulische Leistungsfähigkeit von Kanälen und Entwässerungssystemen.
  • die Anpassung an klimatische Veränderungen.
  • die Vermeidung von Überflutungen durch geeignete Bemessungsverfahren.

DWA-A 119 und Starkregenleitfäden

Die DWA-A 119 ist ein Arbeitsblatt der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), das sich mit der Bewertung und dem Management von Überflutungsgefahren durch Starkregenereignisse beschäftigt – speziell außerhalb von Gewässern. Unterstützung von Kommunen, Ingenieurbüros und Entscheidungsträgern bei der:

  • Identifikation, Bewertung und Priorisierung von Überflutungsrisiken
  • Planung von Maßnahmen zur Vorsorge und Gefahrenabwehr

Anwendung insbesondere bei Überflutungen, die nicht durch Gewässer, sondern durch intensiven Niederschlag (Starkregen) verursacht werden.

  • Integration in ein umfassendes kommunales Risikomanagement.

Flächenparameter Schutzkategorie und Überflutungsgefahr

Zur besseren Bewertung und Dokumentation von Flächen hinsichtlich ihres Schutzstatus und potenzieller Überflutungsgefahr werden die Attribute „Schutzkategorie“ und „Überflutungsgefahr (Gefahrenpotential)” in die Flächenobjekte integriert. Diese Erweiterung ermöglicht eine gezielte Analyse, Auswertung und Weiterverarbeitung innerhalb der Anwendung sowie über Schnittstellen. Funktionale Umsetzung:

  • Darstellung im Reiter „Allgemein”: Die Attribute „Schutzkategorie“ und „Überflutungsgefahr“ werden im Reiter Allgemein der Flächeneigenschaften sichtbar gemacht.
  • Puffer in Metern: Hier muss ein Pufferwert in Metern hinterlegt werden, der um die Fläche gebildet wird. Dieser dient z. B. der erweiterten Gefahrenanalyse oder Maßnahmendefinition im Umfeld der Fläche.
  • Aufnahme in „Markierte ändern”: Beide Attribute sind in der Funktion Markierte ändern verfügbar, sodass mehrere Flächen gleichzeitig bearbeitet bzw. kategorisiert werden können.
  • Integration in die Schnittstellen: Die neuen Attribute werden in alle relevanten Export- und Schnittstellenformate integriert:
    • Eigenschaftsliste (für interne Anwendung)
    • Text (spaltenweise) (z. B. CSV-Export für Tabellenkalkulationen)
    • Datenbank (DB) (z. B. PostgreSQL, Oracle, SQLite)
    • SHAPE-Datei (ESRI Shapefile) (für GIS-Weiterverarbeitung)

Schutzkategorie

Zur Bewertung und Visualisierung von Schutzbedarfen im Rahmen der hydraulischen Modellierung werden Schlüsselwerte für Schutzkategorien definiert. Diese dienen der Klassifizierung von Flächen und Objekten nach ihrer Schutzwürdigkeit gegenüber Überflutungen.

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Die Schutzkategorien ermöglichen eine differenzierte Einstufung potenzieller Auswirkungen bei Überflutung und wurden nach den Tabellen im Regelwerk auch so umgesetzt:

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Folgende Spalten stehen für jede Schutzkategorie zur Verfügung:

  • Schutzkategorie: Bezeichnung der Kategorie (z. B. "hoch", "mittel", "gering").
  • Auswirkungen auf Flächen und Objekte: Beschreibung der potenziellen Schäden oder betroffenen Nutzungen (z. B. Wohngebäude, Infrastruktur, Grünfläche).
  • Bereichsklassifizierung: Zuordnung zu übergeordneten Bereichen (z. B. „Kritische Infrastruktur“, „Wohngebiet“, „Gewerbegebiet“).
  • Überstauhäufigkeit im Bestand: Angabe, wie häufig Überstau im aktuellen Zustand (Bestandsentwässerung) tolerierbar oder zulässig ist (z. B. 1 × in 2 Jahren).
  • Überstauhäufigkeit im Neubau: Planungswert für maximal zulässige Überstauereignisse in Neubaugebieten (z. B. 1 × in 5 Jahren).
  • Überflutungshäufigkeit: Zulässige oder zu erwartende Häufigkeit von Oberflächenüberflutungen (z. B. 1 × in 30 Jahren).

Überflutungsgefahr

Zur Bewertung und Visualisierung der Überflutungsgefahr im Rahmen der hydraulischen Modellierung werden Schlüsselwerte definiert, die verschiedene Gefahrenpotenziale kategorisieren. Diese Schlüsselwerte dienen der Einstufung von Überflutungszuständen und unterstützen die Risikoabschätzung sowie die anschließende Planung von Maßnahmen.


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Folgende Spalten stehen für jede Überflutungsgefahr zur Verfügung:

  • Farbe: Visuelle Kennzeichnung des Gefahrenpotenzials (z. B. grün = gering, rot = hoch).
  • Bezeichnung: Textliche Beschreibung der Gefahrenstufe (z. B. „geringe Gefahr“, „mittlere Gefahr“, „hohe Gefahr“).
  • Ab Wasserstand [m]: Schwellwert für den Wasserstand (in Metern), ab dem die jeweilige Gefahrenkategorie gilt. Dieser Wert bezieht sich auf den Wasserstand an der Oberfläche.

Die Überflutungsgefahren wurden in Anlehnung an den Leitfaden zur Aufstellung von Konzepten zum kommunalen Sturzflut-Risikomanagement in Bayern aufgelistet:

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Das DWA-M 119 schlägt hier eigentlich diesselbe Kategorisierung vor nur für unterschiedliche Wasserstände:

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Übertragung der Tabellen

Zur Sicherstellung einer einheitlichen Datengrundlage für die hydraulische Bewertung wird die Tabelle Schutzkategorie projektspezifisch angelegt oder übertragen.

Funktionale Umsetzung:

  1. Übertragung per Clipboard-Format:
  • Tabelleninhalte der Schutzkategorie können projektspezifisch via Clipboard (Zwischenablage) von einem Projekt in ein anderes kopiert werden.
  • Dabei bleiben Formatierung und Attributstruktur vollständig erhalten.
  1. Automatisierte Initialisierung bei fehlenden Schlüsselwerten:
  • Wenn in einem Projekt noch keine Schlüsselwerte für die Schutzkategorie vorhanden sind, wird automatisch eine Standard-Tabelle gemäß DWA-A 118 angelegt.
  • Diese Standardtabelle enthält vordefinierte Schutzstufen und dient als Ausgangsbasis für individuelle Anpassungen.

Hinweis: Diese Mechanismen stellen sicher, dass auch neue oder leere Projekte sofort mit einer funktionalen Schutzkategorie arbeiten können – ohne manuelles Anlegen der Tabelle.

Attribute, Farb – & Ansichtskonfiguration

Zur Unterstützung der Analyse und Maßnahmenplanung werden sowohl die Schutzkategorien als auch die Überflutungsgefahren wie gewohnt in ++SYSTEMS als Attribute erfasst und können dort für die Darstellung genutzt werden.

Über diese Attribute ist es zudem möglich, externe Auswertungen auf die Schutzkategorien zu übertragen. Das bedeutet: Auch nachträglich importierte Flächen (z. B. über Shape-Dateien) können den jeweiligen Schutzkategorien zugeordnet werden. Dies erfolgt durch die Übernahme der freien Attribute in das entsprechende Stammdatenelement „Schutzkategorie“.

Folgende Attribute wurden hierfür neu angelegt:

  • Flächenattribute:
    • Schutzkategorie
    • Zulässige Überstauhäufigkeit
    • Überflutungshäufigkeit einmal in x Jahren
    • Überstauhäufigkeit einmal in x Jahren (Bestand)
    • Überstauhäufigkeit einmal in x Jahren (Neubau)
    • Schutzkategorie Suchradius in m
    • Überflutungsgefährdung
    • Minimaler Wasserstand
    • Maximaler Wasserstand
    • Mittlerer Wasserstand
  • Schachtattribute
    • Schutzkategorie
    • Zulässige Überstauhäufigkeit
    • Überflutungshäufigkeit einmal in x Jahren
    • Überstauhäufigkeit einmal in x Jahren (Bestand)
    • Überstauhäufigkeit einmal in x Jahren (Neubau)
    • Schutzkategorie Suchradius in m


Hier Beispielhafte Darstellung der Schutzkategorien und der übertragenen Informationen auf die Schächte:

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De Farben sind dabei den Kategorien individuell zuordnen über den numerischen Wert(z. B. rot = hohe Schutzpriorität= 4, grün = geringe=1).

Verfahren zur Bestimmung der Schadenskategorie und Überflutungsgefahr

Zur automatisierten Ableitung von Schutzkategorien stehen zwei Verfahren zur Verfügung. Diese ermöglichen eine flächen- und objektbezogene Analyse auf Grundlage hydraulischer Simulationsergebnisse. Ziel: Ableitung der Schutzkategorie und damit die Überstauhäufigkeit für Schächte auf Basis der umgebenden Flächen.

Für die Ableitung der Überflutungsgefahr für Flächen ist eine 2D-Oberflächenberechnung erforderlich. Dieses Verfahren wird auch auch im Detail beschrieben.

Aufruf der Verfahren

  • Schacht- und Flächenbasiertes Verfahren: Aufruf direkt über die Hydraulikvariante.
  • Oberflächenbasiertes Verfahren: Aufruf über OBO (Oberflächenbasiertes Objektverfahren).


Schachtbasiertes Verfahren (DYNA)

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Ziel: Ableitung der Schutzkategorie und somit der Überstauhäufigkeit für Schächte auf Basis eines fiktiven Radius um die Schächte. Vereinfachtes Verfahren für kleine und schnelle Analysen in kleineren Gemeinden.

Ablauf:

  • Vom Schacht aus wird ein definierter Suchradius (Schachtsuchradius) verwendet.
  • Innerhalb dieses Radius wird nach Flächen mit zugewiesener Schutzkategorie gesucht.
  • Die dem Schacht zugewiesene Schutzkategorie entspricht der höchsten gefundenen Kategorie im Suchbereich.
  • Bei Flächen dient der Flächenschwerpunkt als räumlicher Bezugspunkt.


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Flächenbasiertes Verfahren (DYNA)

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Ziel: Ableitung der Schutzkategorie für Schächte basierend auf der räumlichen Ausdehnung von Flächen mit Schutzkategorie. Standard Verfahren für mittlere bis große Gemeinden und Städte.

Ablauf:

  • Jede Fläche mit vorhandener Schutzkategorie wird um einen eingebbaren Puffer (in Metern) erweitert.
  • Schächte, die innerhalb des Puffers liegen, übernehmen die Schutzkategorie der Fläche.
  • Ein Schacht erhält immer die höchste Schutzkategorie, die im Rahmen des Verfahrens im Umfeld (Pufferbereich) identifiziert wird.


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Oberflächenbasiertes Verfahren (GeoCPM – Überstau)

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Ziel: Ableitung der Überflutungsgefahr für Flächen auf Basis hydraulischer Ergebnisse. Ablauf:

  • Um die Fläche wird ein Puffer gebildet. (Puffer ist eingebbar – Standard 0.5m)
  • Beim Aufruf der Funktion wird abgefragt nach welchem Kriterium die Überflutungsgefahr ausgewertet werden soll (mittlerer Wasserstand oder maximaler Wasserstand)
  • Innerhalb dieses Bereichs werden Simulationsdreiecke mit Wasserstand ausgewertet.
  • Es erfolgt eine statistische Analyse der Wasserstände (min, max, mittel). Diese Werte werden auch für jede Fläche ausgegeben.
  • Auf Basis der Werte wird eine Überflutungsgefahr (Gefahrenpotenzial) zugewiesen.
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Das Detailergebnis für jede Fläche befindet sich im Objektdialog jeder Fläche - hier werden die ermittelten Wasserstände ausgegeben:

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Risikoanalyse

Die eigentliche Risikoanalyse gemäß dem Leitfaden ergibt sich aus der Kombination der Schutzkategorien mit der jeweiligen Überflutungsgefahr. Erst durch diese Verknüpfung kann eine fundierte Bewertung des Risikos vorgenommen und eine zielgerichtete Maßnahmenplanung entwickelt werden.

Beispiel aus dem Vorgehen im Leitfaden (Bayern):

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Auch im DWA-M 119 wird auf dieselbe Vorgehensweise verwiesen und es wird eine Kombination aus beiden Faktoren Schutzkategorie und Überflutungsgefahr gebildet:


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Durch die Multiplikation der numerischen Werte der Überflutungsgefahr und der Schutzkategorie entsteht eine Risikomatrix, mit der man Gefahrenbereiche systematisch und objektiv priorisieren kann.

Überflutungsgefahr Schadenspotenzial
gering mäßig hoch sehr hoch
gering gering = 1 gering = 2 mäßig = 3 mäßig = 4
mäßig gering = 2 mäßig = 4 mäßig = 6 hoch = 8
hoch mäßig = 3 mäßig = 6 hoch = 9 sehr hoch = 12
sehr hoch mäßig =4 hoch = 8 sehr hoch = 12 sehr hoch = 16

Webinar: Überstau & Risikomanagment - DWA A 118 / DWA M 119 vom 08.10.2025