GeoCPM

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Vom Überstaunachweis zur ganzheitlichen Betrachtung aller urbanen Abflusswege Die Bemessungsverfahren der urbanen Entwässerungssysteme haben sich in den letzten fünf Jahren einem starken Wandel unterzogen. Die neue, zeitsynchrone, gekoppelte 2D-Überflutungsbetrachtung gilt bei vielen Betreibern bereits zum Standardvorgehen zur Überflutungsprüfung nach DIN EN 752. Seit dem Wechsel von der hydrologischen Simulation zur hydrodynamischen 1D Simulation des Kanalnetzes gab es fast zwei Jahrzehnte lang keine methodische Verbesserung zur Führung des Überstaunachweises. Die Anpassungen seitdem lagen im Bereich von Performance und Detailverbesserungen. 2007 wurde das von der Bayerischen Forschungsstiftung geförderte Projekt „GeoCPM – Geowissenschaftliche Simulation städtischer Abflussvorgänge“, mit dem Auftrag der gekoppelten, oberflächlichen Verfolgung von Überstaus, initiiert. Als Ergebnis dieser konglomerativen Forschungs- und Entwicklungsarbeit stehen ein Verfahren und das zugehörige Werkzeug zur gekoppelten, hydrodynamischen 2D-Simulation von Überflutungen bedingt durch die Überlastung des Kanalnetzes zur Verfügung. Ein rechnerischer Überflutungsnachweis, bei dem die Ausdehnung, Wasserstände, Geschwindigkeiten und Fließwege des auf der Oberfläche ablaufenden Wassers ermittelt werden, ist eine wichtige Stütze zur realistischen Abschätzung der Gefährdungssituation und eine maßgebliche Hilfe bei der örtlichen Überflutungsprüfung. Unablässig ist hierzu eine zeitsynchron gekoppelte Betrachtung der Systeme Kanal, Fließgewässer und urbane Oberflächen (Abbildung 1). Eine Integration der Ein- und Austrittsverluste an den Austauschpunkten (Schächte, Rinneneinläufe, Gewässergrenzen) führt zu neuen Erkenntnissen über das Verhalten des gesamten Ableitungssystems. Verkehrs- und Freiflächen, welche eine schadlose Ableitung oder Speicherung des Wassers ermöglichen, sind in die Betrachtungen mit einzubeziehen. Deshalb wird zukünftig den baulichen Gegebenheiten und baulich-konstruktiven Maßnahmen an der Oberfläche mehr Bedeutung zur Vermeidung von Schädigungen und/oder Funktionsstörungen durch Überflutungen beigemessen werden müssen.

Wichtigsten Anwendungsfelder:

  • Hydrodynamisches Fließwegekonzept
  • Sturzflutbetrachtung
  • Das ganzheitliche-Konzept - Kopplung von Oberfläche, Kanalsystem und Fließgewässer


Hydrodynamisches Fließwegekonzept

Für ein Fließwegekonzept reicht bereits ein Geländemodell mit einer Auflösung von zwei Metern. Hierbei wird die Oberfläche isoliert betrachtet und das Kanalsystem, sowie die Fließgewässer vernachlässigt. Das Fließwegekonzept dient der schnellen Ermittlung der sich einstellenden Hauptwasserwege bei Starkniederschlägen. Die Vorteile dieser Methode sind die einfache Datenbeschaffung, der schnelle Modellaufbau, die großflächigen Projektgebiete (ganze Stadtgebiete) und eine erste grobe Abschätzung der wahrscheinlichen Hauptgefahrenpunkte. Das hydrodynamische Fleißwegekonzept unterscheidet sich essentiell von den Fließweganalysen, wie sie aus der GIS-Welt [4] bereits seit längerem bekannt sind. Die GIS-Fließweganalysen basieren durchgängig auf dem D9 Algorithmus (und spezifischen Verfeinerungen), der lediglich Pakete von einer Gitterzelle auf die nächste schiebt und keine fundierte Aussage zu Wasserstandshöhen und Geschwindigkeiten machen kann. Da dies aber die ausschlaggebenden Kriterien für die Risikoeinschätzung sind, ist das hydrodynamische Fließwegekonzept auf Basis des 2D-Oberflächenabflussmodells entwickelt worden.

Sturzflutbetrachtung

Besonders in Hanglagen kommt es bei Starkniederschlägen verstärkt zu Sturzfluten. Diese entstehen, da das Niederschlagswasser nicht in den Kanal, welcher oftmals kaum belastet ist, eindringen kann. Die neuen Verfahren erlauben für diesen Fall die direkte Beregnung des Oberflächenmodells und den damit verbundenen hydrodynamischen Oberflächenabfluss (Abbildung 2). Im Gegensatz zum Fließwegekonzept wird hier das Kanalsystem mit betrachtet. Eine Modellierung des Kanalsystems nur durch Schächte und Haltungen, wie es bei der 1D-Überstauberechnung üblich ist, reicht dabei jedoch nicht aus. Die entscheidende Rolle spielen hier die Austauschpunkte zwischen Oberfläche und Kanalsystem. Hierfür zeichnen mehrheitlich die Rinneneinläufe verantwortlich.

Das ganzheitliche Konzept - Kopplung von Oberfläche, Kanalsystem und Fließgewässer

Für die Überflutungsprüfung dürfen die drei Teilbereiche Oberflächenabfluss, Fließgewässer und Abfluss im Kanal nicht getrennt berechnet werden, sondern müssen als ein zusammenhängendes System untersucht werden. Dabei erfolgt ein ständiger, zeitsynchroner Wasseraustausch zwischen dem eindimensional berechneten Kanalabfluss, dem zweidimensional berechneten Oberflächenabfluss und den Fließgewässern (Abbildung 3). Diese Verknüpfung wird als vollständige bidirektionale Kopplung bezeichnet. Die bisher nicht erreichte Detailtreue und Realitätsnähe der ganzheitlichen Betrachtung von Kanalsystem, Oberfläche und Fließgewässer steht nach bisherigen Untersuchungen und Erfahrungen vollkommen außer Frage. Allerdings erschweren konservative Regelwerke und Förderregeln die Anwendung neuer Ansätze. Innovative Mitarbeiter der Betreiber haben das planerische Potential bereits erkannt und zu schätzen gelernt.