Dünnfilmabfluss: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Formel ist im Moody-Diagramm für den turbulenten Abfluss im Übergangsbereich vom hydraulisch glatten zum hydraulisch rauen Bereich angegeben. Der turbulente Abfluss wird allerdings erst bei höheren Reynoldszahlen Re meist im Bereich von 2000 erreicht. Zuvor spricht man vom laminaren Abfluss.
 
Die Formel ist im Moody-Diagramm für den turbulenten Abfluss im Übergangsbereich vom hydraulisch glatten zum hydraulisch rauen Bereich angegeben. Der turbulente Abfluss wird allerdings erst bei höheren Reynoldszahlen Re meist im Bereich von 2000 erreicht. Zuvor spricht man vom laminaren Abfluss.
 
Für den laminaren Abfluss wird folgende, von k_s unabhängige, Formel angegeben:
 
Für den laminaren Abfluss wird folgende, von k_s unabhängige, Formel angegeben:
  
λ=64/Re (3)
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Formel (2) führt bei hohen Rauigkeiten zu Fließbeginn zu höheren Wasserständen. Gleiches gilt für das auf der Oberfläche zurückbleibende Wasser.
 
Formel (2) führt bei hohen Rauigkeiten zu Fließbeginn zu höheren Wasserständen. Gleiches gilt für das auf der Oberfläche zurückbleibende Wasser.
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Version vom 19. Mai 2021, 14:54 Uhr


Anpassung von GeoCPM zur Berechnung von Starkregenmodellen nach dem Leitfaden Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg

Motivation

Bei der Entwicklung der hydraulischen Berechnungskerne (DYNA und GeoCPM) in ++SYSTEMS wurde stets davon ausgegangen, den vollständigen Abflussprozess in einem Modell abzubilden. Dies beinhaltet u.a. auch die Ermittlung des Effektivabflusses aus dem Belastungsregen. Berücksichtigt werden hier die Versickerung, individuell festlegbare, konstante Dauerverluste, Benetzungsverluste und Muldenverluste. Die LUBW hat in Ihrem Leitfaden Kommunales Starkregenrisikomanagement einen anderen Ansatz gewählt. Hier wird die Belastung nicht direkt durch ein reales Regenereignis bzw. einen Modellregen angegeben, sondern durch die mitgelieferten OAK-Daten vorgegeben. Die OAK Werte stellen dabei bereits den Effektivabfluss, nach Abzug aller Verluste, dar. Die Versickerung und der konstante Dauerverlust konnten in GeoCPM schon immer deaktiviert werden. Die anderen Verluste sind direkt in den Rechenansatz integriert und umfangreich kalibriert worden. Ein einfaches „Abschalten“ war daher nicht möglich. Primär ist dieser Sachverhalt bei Flächen mit hoher Rauheit (> 150 mm) aufgefallen. Die LUBW erlaubt, unabhängig vom Flächentyp, keinen Rückhalt von Wasser. Bei GeoCPM ist das aber, aus oben genannten Gründen der Fall. Um den Anforderungen der LUBW gerecht zu werden, hat die tandler.com einen erweiterten Ansatz für den so genannten verlustfreien „Dünnfilmabfluss“ entwickelt und implementiert.

Formelapparat

GeoCPM löst die vollständigen 2D-Flachwassergleichungen mit dem Verfahren der Finite-Volumen-Methode. Als Fließformel wird auf dem Ansatz nach Darcy-Weisbach aufgebaut:

LUBW DF 14.png

(1)

Formel 1

λ wird dabei mit der Colebrook-White Gleichung ermittelt:

LUBW DF 15.png

Formel 2

Die Formel ist im Moody-Diagramm für den turbulenten Abfluss im Übergangsbereich vom hydraulisch glatten zum hydraulisch rauen Bereich angegeben. Der turbulente Abfluss wird allerdings erst bei höheren Reynoldszahlen Re meist im Bereich von 2000 erreicht. Zuvor spricht man vom laminaren Abfluss. Für den laminaren Abfluss wird folgende, von k_s unabhängige, Formel angegeben:

LUBW DF 19.png

Formel 3

Formel (2) führt bei hohen Rauigkeiten zu Fließbeginn zu höheren Wasserständen. Gleiches gilt für das auf der Oberfläche zurückbleibende Wasser.

Um den Anforderungen aus dem Leitfaden kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg gerecht zu werden, der keinen Rückhalt auf der Oberfläche erlaubt, wurde zusätzlich zur Gleichung nach Colebrook-White, die Gleichung nach Bellos, Nalbantis und Tsakiris [1] in GeoCPM integriert. Diese Gleichung gilt für alle Strömungsregime und wird beim neuen Ansatz in GeoCPM im Bereich niedriger Reynoldszahlen (Fließbeginn) angewendet.

LUBW DF 16.png

(4)

mit

1/(1+(Re/2712)^8.4 )

LUBW DF 18.png

)

Um Infinitesimale bzw. numerische Ungenauigkeiten zu vermeiden sind Re>0 und R_h>0 definiert. Zudem gilt a-1<ε→a=1 und 1-b<ε→b=1.

Validation des neuen Ansatzes

Für die weitere Beschreibung soll der Ansatz mit der Gleichung nach Colebrook-White als „bisheriger Ansatz“ und der Ansatz nach Bellos, Nalbantis und Tsakiris als „neuer Ansatz“ bezeichnet werden. Um den neuen Ansatz zu validieren und mit dem bisherigen Ansatz zu vergleichen, wurden mehrere artifizielle sowie auch reale Geländestrukturen und Belastungen simuliert. Zusammenfassend konnte dabei gezeigt werden, dass es bei geringen Rauigkeiten bzw. bei turbulenten Strömungen zu keinen signifikanten Änderungen des Abflussverhaltens gekommen ist. Im laminaren Bereich und bei keinen, oder nur geringem Abfluss wurde das gewünschte Ergebnis erreicht. Auch bei hohen Rauigkeiten setzt der Abfluss umgehend ein, wenn das Finite-Volumen mit Wasser benetzt wird. Ebenso wird kein Wasser mehr auf den Finiten-Volumen zurückgehalten. Um das Verhalten des neuen Ansatzes gegenüber dem bisherigen Ansatz darzustellen, wurde das Modell für das Referenzprojekt von uns neu aufgebaut und die beiden Ansätze verglichen. Zusätzlich wurde der neue Ansatz einmal mit den empfohlenen Rauigkeiten berechnet und ein zweites Mal mit Rauigkeiten im hohen Bereich überrechnet.

Oberflächenparameter

LUBW DF 01.png

Abbildung 1: Rauigkeitsbereiche Referenzmodell


Folgende Rauigkeiten wurden vergeben:

Angepasste Rauigkeiten für GeoCPM

Rauheit nach Darcy Weißbach ( [mm])

geringe Rauheit

hohe Rauheit

Wald, Gehölz, Laub- und Nadelholz

200

300

Ackerland, verschlämmt

140

200

Siedlungsfläche

60-100

Dachflächen

6-10

Fließgewässer, Stehendes Gewässer

80-160

Fließgewässer, verschlammt

25-100

Fließgewässer, stark bewachsen

120-250

Wildbach

140-180

Landwirtschaftlicher Weg (Kies, Schotter)

20-60

Straße, Weg (Asphalt)

4

Straße, Weg (gepflastert)

5-20

Tabelle 1: Angepasste Rauigkeiten für GeoCPM - Angelehnt an die Tabelle des Leitfaden Kommunales Starkrisikomanagement in Baden-Württemberg Anhang 1a

Die Versickerung und alle anderen Verluste wurden auf 0 gesetzt.

Ergebnisdarstellung – Volumenbilanz

Zur Volumenbilanz sei anzumerken, dass die Verdohlung in das Fließgewässer am südwestlichen Rand des Projektgebietes so modelliert wurde, dass das Wasser nicht mehr auf die Oberfläche gegeben wird. Daher ist der Einlauf in die Verdohlungen größer als der Auslauf.


Volumenbilanz neuer und bisheriger Ansatz

Volumenbilanz

neuer Ansatz

geringe Rauigkeit

neuer Ansatz

hohe Rauigkeit

bisheriger Ansatz geringe Rauigkeit

Gesamtabflussmenge (OAK) in m3

59.706

59.706

59.706

Auslaufvolumen am Rand in m3

41.698

38.218

23.148

Volumen am Ende in m3

9.728

13.144

31.398

Verlustvolumen in m3

0

0

0

Einlauf in Verdohlungen in m3

15.849

16.312

9.375

Auslauf aus Verdohlungen in m3

7.506

7.901

4.207

Die Volumenbilanz zeigt sehr deutlich den gewünschten Effekt. Beim neuen Ansatz verbleiben am Ende der Simulation nur noch 9.728 m3 auf der Oberfläche. Beim bisherigen Ansatz waren dies noch 31.398 m3. Dies resultiert dann in einen höheren Auslauf über den Rand des Projektgebietes bzw. in die Verdohlung. Das höhere Volumen am Ende der Simulation beim Ansatz mit hoher Rauigkeit ergibt sich aus dem Abbruchkriterium der Simulation. Eine längere Simulationszeit würde zu einer Angleichung der Werte mit hoher und geringer Rauigkeit führen.

Ergebnisdarstellung – Kontrollquerschnitt

Am Kontrollquerschnitt 101 stellt sich die Situation dann wie folgt dar:

LUBW DF 13.png




Vergleich der Überflutungsflächen

Überflutungsflächen

neuer Ansatz

geringe Rauigkeit

neuer Ansatz

hohe Rauigkeit

bisheriger Ansatz geringe Rauigkeit

Überflutungsfläche in m2

193.098

193.296

167.721

Prozentuale Abweichung von bisherigem Ansatz

15,1 %

15,2 %

Das Nachfolgende Diagramm zeigt die Durchflussganglinien für den Kontrollquerschnitt 101 jeweils für die einzelnen Ansätze:

LUBW DF 05.png


LUBW DF 06.png

Abbildung 6: Durchfluss am Kontrollquerschnitt 101

Die Gesamtabflussmenge hat sich, wie in der Volumenbilanz bereits gezeigt, deutlich erhöht. Der max. Durchfluss ist beim neuen Ansatz mit geringeren Rauheiten erheblich höher. Beim neuen Ansatz kann mit höheren Rauheiten, ein ähnlicher Maximalabfluss wie beim bisherigen Ansatz erreicht werden.  

Darstellung der Überflutungsflächen

Zusätzlich zu den Abbildungen 3 bis 5 sollen hier noch weitere Überflutungsflächen betrachtet werden. Der besseren Übersichtlichkeit halber werden hier nur noch die beiden Extremfälle, neuer Ansatz mit geringer Rauigkeit und bisheriger Ansatz, verglichen. Beide Ansätze zeigen annähernd identische Überflutungsflächen.

Ergebnisse neuer Ansatz (geringe Rauheit)

Ergebnisse bisheriger Ansatz (geringe Rauheit)

Fazit

Durch den neuen Formelansatz zur Bestimmung von λ kann GeoCPM den Anforderungen des Leitfadens besser gerecht werden. Die Abflussmengen an den Kontrollquerschnitten liegen im verifizierten Bereich. Ein unerwünschter Rückhalt bei der Belastung mit OAK Daten auf den Flächen ist nicht mehr vorhanden.

Literatur

[1]: Bellos, Vasilis; Nalbantis, Ioannis; Tsakiris, George (Dezember 2018). „Friction Modeling of Flood Flow Simulations”. Journal of Hydraulic Engineering. 144 (12): 04018073. Doi:10.1061/(asce)hy.1943-7900.0001540. ISSN 0733-9429.